22.9.2008

15. 10. 2008 // // Kategorie Randnotizen 2008

In dem neulich in der Tageszeitung vom 22. September veröffentlichten Gespräch mit Michael Hardt kommentiert er die Tatsache, dass die Leser jener Bücher, die er gemeinsam mit Antonio Negri verfasst, immer schmerzhaft auf die darin enthaltene Sentimentalität reagieren. Hardt sagt dort, dass immer dann eine Beunruhigung zu verzeichnen ist, wenn über Liebe gesprochen wird, und er meint, dass die Liebe vollständig kompatibel mit ihren marxistischen Ideen sei, viel mehr noch, dass sie als Vehikel des Widerstandes dienen kann.

Dasselbe sagte auch der Heilige Paulus.

Doch er verlangt, wenn er Liebe predigt, LIEBE FÜR ALLE, man möge ihn für einen Verrückten halten.

– Ich rede töricht.

(2. Kor, 11, 23)

So spricht der Heilige Paulus in den Briefen an die Korinther.

Als er seine Zuhörer auffordert, ihn für einen Irren zu halten, erinnert er sie: „Denn ihr ertraget gerne die Narren, ihr, die ihr klug seid!“ (2. Kor, 11, 19), wobei er auf die Tatsache anspielt, dass die Reden der Verrückten immer nur ein metaphorischer Weg zu den Reden der Wahrheit waren. Infolgedessen ist der intentionale Bruch mit der Vernunft, auf den sich Paulus beruft, kein Akt der Verrücktheit, sondern ein politischer Akt.

Alain Badiou nennt die Paulus-Briefe in seiner Analyse Interventionen, er schreibt ihnen Aufführungseigenschaften zu und meint, dass sie ein politisches Potential für die Formung des freien Menschen beinhalten. Dieses politische Potential liegt in der Tatsache begründet, dass Paulus in einer Sprache ohne Stütze spricht, ohne Stütze innerhalb der bestehenden Ordnung, in einer Sprache außerhalb des Gesetzes, die sich im Unfassbaren und Unaussprechlichen bewegt. Deshalb spricht er nicht nur als ein Narr, sondern auch als Revolutionär, denn wenn er eine Wahrheit predigt, die sich außerhalb des Gesetzes befindet und die sich nur außerhalb des Gesetzes ereignen kann, dann blüht in den Quellen des biblischen Textes, aus denen auch Paulus’ unaussprechliche Botschaft quillt, eine revolutionäre Idee.

Also – die Liebe. Schon wieder.

Aus dem Kroatischen von Alida Bremer