mag sein

6. 9. 2013 // // Kategorie Randnotizen 2013

dass mich berlin nicht mag. aber potsdam liebt mich. gestern wurde der preis des M100 an erdem gündüz für die standing-man-performance verliehen. hauptredner ist robert menasse und die laudatio hält shermin langhoff. ich hatte befürchtet zu spät zu kommen, ich habe den weg von etwa eineinhalb kilometer bis zur orangerie des schlosses sanssouci von der bushaltestelle, die mir google nahe gelegt hatte in einer viertelstunde in stöckelschuhen zurück gelegt. ein wunder. die veranstaltung hatte noch nicht begonnen. ich stand nicht auf der liste der geladenen gäste, ich war keine teilnehmerin des m100 colloquiums und man hätte mich wohl gerne draußen gelassen, wie einen hund. aber nein: ich habe es in die festlichen räumlichkeiten geschafft und habe den reden gelauscht, zum thema, ob die medien europa zerstören, der europäischen idee im weg sind. robert menasse betritt die bühne, ältere männer neben mir lächeln, als wollten sie sagen “jaja, der schon wieder, der kann uns egal sein, wir wissen es doch besser.” in den folgenden minuten werden sie beginnen nervös auf ihren sesseln herum zu rutschen, ihnen gefällt nicht was sie hören, was sie schon längst vernommen hätten, hätten sie früher schon zuhören müssen. detailliert auseinandergesetzt zu bekommen, warum nicht die konzerne ein europa ohne grenzen wünschen und damit künftig die möglichkeit zu nehmen die europäische idee als instrument des neoliberalismus zu verstehen scheint ihnen nicht zu schmecken. auch schmeckte ihnen die laudatio, die sich mit der situation in der türkei befasste nicht. shermin langhoff sagte: aufzustehen ist ein zeichen des respekts. das ist der standing man. auch als sich das publikum für den standing man erhob, murrten die männer neben mir. europa hat zwei sprachen, denke ich mir da: verstehenwollen und nichtverstehenwollen. der emfpang im gästehaus des schlosses war nur für geladene gäste. die sitzplätze waren eingeteilt, man hatte einen strichcode vorzuzeigen. ich hatte keinen. später saß ich beim essen am ehrentisch. den kellner frage ich nebenbei, was er von der eu hält und er meint, er sei neutral und ich frage weiter, er wird doch wohl wissen, ob er die eu gut oder schlecht findet. “definitiv gut. früher immer mit pass machen lassen und all den grenzen…es ist schon viel besser jetzt.” europa rettet sich schon selber, denke ich nach diesem abend, auch wenn es manchen nicht passt. für den satz des kellners wäre ich am liebsten aufgestanden. stattdessen falle ich zufrieden gegen die lehne meines sessels. nur ein paar stunden habe ich in sanssouci verbracht und fühle mich minütlich dekadenter werden. nur nicht mehr aufstehen, schwirrt es mir durch den kopf. nur wenn es etwas wichtiges gibt.