Von der “perversen Schönheit” der Gärten von Versailles

30. 9. 2015 // // Kategorie Randnotizen 2015

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Liebe M.

Wie auch du befinde ich mich an einem Ort, an dem nichts so ist wie es scheint. Das „Sehen“ beschäftigt mich – oder ist es das „Gesehenwerden“? Wo ist das Zentrum, von dem aus sich die Blicke verteilen und das Licht den Punkt der parallelen Reflexion findet?

Parallelität, Gleichzeitigkeit – vielleicht sogar von Ungleichem? Was zeigt uns also ein Spiegel? Welches Bild sehe ich, welches du? Unablässig ziehen sich die Wellenbewegungen durch den Stom der Geschichte, um von sich selbst und somit von den bedingenden Parametern für Zeit und Raum zu erzählen. Versucht man diese nun rückwärts zu lesen, um den Ausgangspunkt zu finden, so werfen uns die Spiegel von Versailles ein anderes Bild zurück, als jene an den Fassaden der „neuen“ Zentren der Macht – doch gibt es eine Gemeinsamkeit!

Wie auch das Licht, bedingt der Begriff der Macht schon immer Zeit und Raum. Transformiert aus dem Innenraum an das Außen der Fassade, um Transparenz in der aktuellen Undurchschaubarkeit zu suggerieren! Sehen und Gesehenwerden.

„Während die Insassen des Benthamschen Panoptikums sich der permanenten Präsenz des Aufsehers bewusst sind, wähnen sich die Bewohner des digitalen Panoptikums in Freiheit.“ (Bjung- Chul Han)

Was zeigen uns also die Wellen des Lichts, wenn wir sie auf aktuelle Ereignisse werfen? Ist es ein Spiegelbild aus dem Vergangenen, dem Gegenwärtigen oder dem Zukünftigen, welches mittlerweile jedoch aperspektivisch zurückgeworfen wird? Zeit für Reflexion? Wenn jetzt aber die Devise lautet: Zeit ist Geld – ist dann die Reflexion im Neoliberalismus schlicht und einfach nicht mehr bezahlbar? Wo sind die Zentren heute? Waren es in Versailles noch die vielen Spiegel, welche als teures Luxusprodukt aufwendiger Herstellung bedurften, so ist es doch gegenwärtig denkbar, dass sich durch die Überlagerungen von Zeit und Raum auch die Reflexionen verschoben haben. Freiheit? Durch den Prozess, welcher über die ungleiche Symbiose von Licht und Zeit, nicht vorrangig das Ergebnis in der Vordergund stellt, zeigen uns auch die Spiegel neue Bilder. Wie sieht eigentlich deines aus?

Auch wenn die Verbindung schwierig herzustellen ist, freue ich mich bald wieder von dir zu hören.

Mit den besten Grüßen M.

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