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Rückentfremdungseffekt

25. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Am Kamel und dem Nadelöhr, an den Maulwürfen, Schweinen und Bienen wird es nur allzu deutlich: Das Vergleichen, die Gleichnisse, das Verschlüsseln wird am liebsten mit Tieren getrieben. Gehört es nicht auch zum Tierschutz, hier etwas zu ändern?

Kein Autor sollte sich wundern, wenn es eine Sehnsucht, ja geradezu eine Forderung nach dem Rückentfremdungseffekt gibt. Man nehme etwa die Biene Maja, das Lieblingsbuch von Joseph Goebbels, mit seinen plumpen Verschlüsselungen: Die Bienen sind die Nazis, die Ameisen die Kommunisten usw. usf. Wie befreiend, wenn wir endlich ausrufen können: Arturo Ui, das ist doch Adolf Hitler! Wenn wir den Roman Animal Farm endlich nicht mehr interpretieren müssen (wie man das zu meiner Schulzeit machen musste), sondern die Auflösung gleich mitgeliefert bekommen. Ein Schwein ist ein Schwein ist ein Schwein – und das ist kein Stalinist.

stalinist

Auf dem elenden Haufen der Interpretation liegen diese von Motten (und mit Motten meine ich hier natürlich die Leseratten (und mit Leseratten meine ich hier natürlich Bücherwürmer (und mit Würmern, meine ich, welche, die sich ins Lesen hineintigern (und mit tigern meine ich, dass sie sich verbeißen)))) zerfressenen Zuordnungen, die nur Nachteile haben: Man kann sie nicht ändern. Man kann sie nicht diskutieren. Man kann sie nur endlich sein lassen.

Was bedeutet das für den armen Krimiautor, den wir gestern in der Schenke in Illmitz verlassen haben, weil er uns schon allzu sehr auf die Nerven gegangen ist. Der Krimiautor ist ein Esel, ein weißer Esel. Dieser Esel bemerkt eines Tages, dass es noch andere Esel gibt. Schade, nun ist er in der Eselwelt nicht mehr der einzige, er wird vergleichbar. Er steht für Illmitz und den Seewinkel, aber bald kommen andere Esel und reklamieren dieselbe Bedeutung für sich.

Wir sollten unsere Literatur rückentfremden, damit die Suchmaschine nicht zu uns sagt: Meintest Du vielleicht: Statlinist?

Also liebe Autorinnen und Autoren, liebe Bloggerinnen und Blogger, sagt endlich wen und was ihr meint. Werft Eure Schlüsselromane weg oder schickt uns die Umschlüsselungsliste mit. Wir wollen Lesen und nicht Literatur mit Tieren interpretieren.

Krimikataster

24. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Ein sonntäglicher Ausflug zu den weißen Eseln im Burgenland (sie sind kurz in meinem Video zypriotischer dosenhugo zu sehen) zeigt mir Möglichkeiten auf, sich mit anderen Autoren zu verfreinden. Nach dem Besuch bei den Eseln sitzen wir zu Mittag in einer Schenke. Der mittelalterliche Herr am Nachbartisch nimmt öfter Anlauf uns anzusprechen, z.B. indem er unsere Bestellung kommentiert. Wir ignorieren ihn zuerst, dann aber (und wir wissen, dass auch die Borg nicht sofort angreifen) ist er nicht mehr zu stoppen. Er duzt uns sofort.

ER:    Warts ihr bei den weißen Eseln?
ICH:  Ich bin beruflich hier.
ER:   Ach so? Was für ein Beruf?
ICH:  Ich bin Krimiautor. Ich schreibe den ersten Krimi über den Seewinkel. Ein neuer Kommissar, Sie verstehen?

(Lange Stille. Der Mann isst nicht weiter, legt das Besteck weg.)

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ER:   Du willst mich verarschen, oder?
ICH:   Nein. Warum?
ER:   Ich bin auch Krimiautor. Ich schreibe den ersten Seewinkel-Krimi. Verstehst du? Du kannst keinen Seewinkel-Kommissar mehr machen. Der Seewinkel ist besetzt.

(Die Getränke kommen.)

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ER:   Mach halt was auf der anderen Seite: Mörbisch. Rust. Aber nicht im Seewinkel. Der Seewinkel gehört mir.
ICH:  Woher soll ich das denn wissen?
ER:   Ja, hast du denn nicht im Krimikataster nachgeschaut?
ICH:  Was ist das?
ER:   Dort siehst du, wo es schon Kommissare gibt und wo nicht. Das ist doch Ehrensache, das man den Kollegen nicht ihre Region wegnimmt.

Das erinnert mich an die Liegewiesen um die Lacken in der Lobau. Dort darf man sich auch nicht auf den Platz legen, wo der Charly seit 37 Jahren liegt, auch wenn der Charly seit 5 Jahren nicht mehr gesehen wurde oder schon längst am Zentral liegt.

ICH:  Und du bist schon eingetragen im Krimikataster?
ER:   Ja, sicher!
ICH:  Ist das eine Webseite?
ER:   Ja, sicher!

(Meine Begleiterin mischt sich ein.)

SIE:  Er war zuerst. Du musst ihm den Seewinkel lassen.

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(Dann essen wir. Der Kollege schweigt lange. Dann doch wieder.)

ER:   Wie heißt dein Krimi?
ICH:  Ich träumte von weißen Eseln.
ER:   Umgetexteter Songtitel. Nicht ratsam!
SIE:  Der Titel bleibt.
ER:   Aber der Seewinkel muss weg!

(Regieanweisung)

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ER:   Wie weit bist du beim Schreiben?
ICH:  Fast fertig!
ER:   Und wie heißt dein Kommissar?
ICH:  Dann weiß ich noch nicht. Das mach ich als Allerletztes.

(Er lacht.)

ER:   Hahaha. Als Allerletztes! Wie geht das denn?
ICH:  Mit fakenamegenerator.com
ER:   Was ist das?
ICH:  Eine Webseite.
ER:   Das dachte ich mir.
ICH:  Du lässt dir eine Person erfinden. Du gibts Nationalität und Sprache an und bekommst alles:
Name, eine echte E-Mailadresse, eine echte Handynummer, Geburtsdatum, Autotyp, Kreditkartendaten, Wohnadresse – einfach alles!
ER:   Wahnsinn! Du bist doch nicht so blöd! Hätt ich Dir nicht zugetraut.

(Er packt sein Netbook aus.)

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ER:   Wie geht der Link?
ICH:  fakenamegenerator.com

(Er tippt und klickt und schweigt. Dazwischen immer nur kurz:)

ER:   Wahnsinn!
ER:   Das ist genial:
ICH:  Und wie heißt die URL vom Krimikataster?
ER:   Gib einfach Krimikataster in Google ein.
ICH:  Wie schreibt man Kataster?
SIE:  Ganz normal K-A-T-A-S-T-E-R.
GOOGLE:  Es wurden keine mit deiner Suchanfrage – krimikataster – übereinstimmenden Dokumente gefunden.

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Prove Your Are Not a Social Bot

22. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Angezogen sind wir schon für steirischer herbst:

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Wir das sind mein Stargast und ich. Mein Stargast eigentlich kommt zu zeigen, dass er nicht ist ein social bot. Sie werden ihn an einem ähnlichen T-Shirt erkennen. Wenn Sie morgen in der Listhalle sind (Rechtschreibkorrektur macht gerade Lusthalle aus Listhalle), denn die Eröffnung findet ganz unvirtuell statt.

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Was den heutigen Eintrag Der Wink mit dem Zaunfall betrifft, so müssen wir uns entschuldigen. Jonathan hat etwas übersehen. Die Zeichenkette ist nicht ungooglebar, sondern bringt sogar 87 Treffern. Verzeihung! Und falls der Link noch irgendwo angezeigt wird, bekommen Sie 404 zurück. So bleibt wenigstens der Fehler erhalten.

Wir sehen uns also morgen. Oder nicht.

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P.S.: “Der Wink mit der Lusthalle” – 0 Treffer HAHAHA!!!

Woher das Wort Google wirklich kommt

21. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Sie haben es weit geschafft, lieber Leserinnen und Leser meiner Randnotizen, aber auch liebe Nicht-Leserinnen und Nicht-Leser: Nämlich hier an den Punkt, an dem ich Ihnen die Wahrheit präsentiere, die fast zwei Jahrzehnte wie hinter einer Wand (Jahr des Vergleichs) verborgen war.

Woher das Wort GOOGLE kommt:

Im Jahr 1932 schrieb Rudolf Carnap:

Nehmen wir beispielsweise an, jemand bilde das neue Wort “babig” und behaupte, es gäbe Dinge, die babig sind, und solche, die nicht babig sind. Um die Bedeutung dieses Wortes zu erfahren, werden wir ihn nach dem Kriterium fragen: Wie ist im konkreten Fall festzustellen, ob ein bestimmtes Ding babig ist oder nicht?

(Rudolf Carnap: Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache)

Im Jahr 1948 schrieb Russell Nieli WITTGENSTEIN: From Mysticism to Ordinary Language.

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In diesem Buch liegt nun der Hund begraben (Gleichnisgenerator). Da ihm anscheinend keine Übersetzung von Carnap zu Verfügung stand, übersetzte er das oben angegeben Zitat selbst auf folgende Weise:

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Man beachte, dass immer von Googel und Not-Googel (bzw. Non-Googel things) die Rede ist. Man beachte also die Schreibweise des Wortes. Schließlich erklärt Nieli in einer Fußnote, worum es nich bei diesem Wort handelt. Und hier passiert es: Die erste Erwähnung des Wortes Google im Jahr 1948 (durch einen Tippfehler oder beabsichtigt?):

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Warum er googel als Übersetzung von babig wählt, wissen wir nicht. Warum er googel in der Fußnote google schreibt, wissen wir nicht.