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Lob des Schweigens

2. 6. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

Wenn man auf diesem Felde ungeübt ist, dann gibt der Philosoph Herbert Marcuse einem manch harte Nuss zu knacken. Ist ja nicht alles leicht verständlich“ und soll es auch nicht sein.
Andererseits: Immer mal wieder“ besonders in mündlichen Diskussionen“ haut er Ratschläge fürs (linke) Leben raus, die man hätte beherzigen sollen, es aber nicht immer getan hat. Nehmen wir nur die zahllosen Aktionen des Flyerverteilens aus verschiedensten Anlässen. Man stand in irgendeiner Fußgängerzone. Die Zahl der Interessierten wurde meist von jener der Ignoranten übertroffen. Und dann gab es die Reaktionäre, die sich wahrscheinlich gerade langweilten, oder “weil sie ja meist auch ohnmächtige Würstchen sind, denen niemand zuhört“ die froh waren, mal so richtig schön abkotzen zu können. Ich gestehe, es viel zu oft mit Argumenten versucht zu haben, mich des Frevels schuldig machte, dadurch dem Irrsinn einen Anstrich von Vernunft zu geben.
Der Gelehrte Marcuse, notorisch angstfrei gegen den Vorwurf, er sei elitär und arrogant, hat von so etwas abgeraten:
“Es gibt in der Tat weite Schichten der Bevölkerung, mit denen eine Diskussion hoffnungslos ist. Es ist Verschwendung von Zeit und Energie, mit diesen Leuten zu reden: das bedeutet nicht Intoleranz, das bedeutet nicht, dass man ihnen etwas auf den Kopf gibt, das bedeutet einfach, dass man es vermeidet, mit ihnen zu reden, und das ist wahrhaftig nicht intolerant, weil man weiß und wissen kann, dass nichts dabei rauskommt.”

PS: Sollte man mich, nach der Vorstellung im Foyer, mal schmallippig und maulfaul erleben, so dürfen daraus keine falschen Schlüsse gezogen werden. Oft ist das der Erschöpfung geschuldet.

Vom Ärger in Bolivien zur Reflektion

21. 5. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

Wir basteln schon einige Tage am Trailer, der einen Vorgeschmack auf unser “Konzert-Theater” – Der eindimensionale Mensch wird 50“ geben soll. Natürlich muss auch hier schon Herbert Marcuse im O-Ton auftauchen. In einem Interview aus der zweiten Hälfte der siebziger Jahre reagiert er auf die Frage, ob sein Denken die Welt verändert habe, mit einer langen Pause der Verblüffung, einer Nachfrage, ob er gemeint sei, einer Zurückweisung und schließlich mit der ein paar Nummern kleineren Feststellung, er habe wohl das Bewusstsein (und vielleicht sogar Unterbewusstsein) einer gewissen Zahl junger Leute verändert. (Ich belasse es bei dieser Andeutung, der O-Ton erscheint an dieser Stelle ja demnächst.)
Nun habe ich vor ein paar Tagen einen “Zeugen” gefunden, einen, der bestätigt, wie Herbert Marcuse ihm behilflich war, sein zunächst notwendig emotionales Zerwürfnis mit der Welt in ein reflektiertes zu verwandeln. Das ist übrigens ein Vorgang, sei angemerkt, bei dem die Schroffheit des Zerwürfnisses – die Feststellung der Unerträglichkeit – nicht gemildert werden muss. Der Zeuge ist Moishe Postone, der selbst ein viel beachteter Denker wurde, und der sich an seine jungen Jahre in den U.S.A. erinnert (Das Zitat ist dem Buch “Ende der Utopie / Verlag Neue Kritik / 1980 entnommen): “Während der sechziger Jahre habe ich Marcuse nie gesehen und trotzdem war er mir in dieser Zeit sehr wichtig. Zwischen 1963 und 1967 hat mich alles geärgert, einfach alles. Jedes Mal, wenn ich die Zeitung gelesen habe, habe ich mich geärgert, jedes Mal, wenn ich durch die Straßen gegangen bin, habe ich mich geärgert, und ich hatte keine Möglichkeit, die Sachen, die mich geärgert haben, in Zusammenhang zu bringen. Besonders in Amerika, wo alles als zufällig betrachtet wird. Jede besondere Erscheinung wird als solche aufgenommen (…) Das hat zu einer Übermacht an Ãrger über Sachen, die ich gesehen habe, geführt, und ich bekam langsam ein starkes Bedürfnis, das alles einordnen zu können. Deshalb war für mich die Theorie ungeheuer wichtig. Ich weiß, dass ich so um 1967 Phantasien hatte, in den Dschungel von Bolivien zu gehen, und ich habe gedacht, wenn ich dort bin und habe ein Maschinengewehr in der Hand, und der Feind steht vor mir, kann ich all die Frustrationen, diesen ganzen Ãrger, unmittelbar ausdrücken. Es war mir fast zuviel geworden. Meine Begegnung mit Marcuse war auch eine Begegnung mit jemandem, dessen Marxismus … meine eigenen Erfahrungen für mich sinnvoll dargestellt hat. Später habe ich mich dann sehr gefreut, als ich
ihn kennenlernte, und ich habe gesehen, dass es eine Identität gibt (keine vollständige, die gibt es bei niemandem) zwischen dem, wie er lebt und wie er denkt und redet. Das hat mir imponiert.”

Ich glaube, freundlicher kann man über die Wirkung eines Theoretikers, Philosophen, Systemkritikers kaum Auskunft geben.

Der Kopf glüht vor …

13. 5. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

Alles, was mir zu Herbert Marcuse und unserem Projekt »Der eindimensionale Mensch wird 50« so einfällt, erscheint hier ab dem 20. Mai. Bis dahin bringe ich schon einmal meinen Kopf zum Rauchen.