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9. 10. / Graz

9. 10. 2006 // // Kategorie Randnotizen 2006

Heute habe ich auf der Fahrt nach Graz meine Mutter auf der Laßnitzhöhe im Pflegeheim besucht. Zum letzten Mal habe ich sie an ihrem fünfundneunzigsten Geburtstag am 8. August gesehen. Ihre vier Töchter, Margarete, Magda, Christa, ich, und ihr Sohn Walter haben für sie mit ihr dieses Datum gefeiert. Zwei von ihren Söhnen, meine Brüder Rudolf und Hans, sind unter der Erde. Meine Mutter hat auch den Vornamen Rosa. Sie erkennt niemanden mehr. Sie lebt seit Jahren in einer Welt, die wir nicht ahnen können. Sie ist für uns wunderschön. Sie wird jeden Tag von Margarete, die wir Gretl nennen, von Magda, von Walter, oder von meinem Exschwager Bernhard besucht. Christa und ich kommen selten, wir sind zu weit weg. Auch heute war Gretl da. Und meine Schwägerin Elsa aus Bregenz, die Witwe von Rudolf, den wir Rudi genannt haben und Hans war Hansi. Magda wird Magda gerufen, Christa wird Christa gerufen, Walter wird Walter gerufen und ich werde Rosa gerufen. Meine Mutter ist von ihrem Ehemann Hans, unserem Vater, der wie seine Söhne Hansi und Rudi unter der Erde liegt, Rosl gerufen worden. Meine Mutter und ich sind Witwen, daher sind meine Tochter Emily und ich Halbwaisen, mit dem Unterschied, dass ich eine verwitwete Halbwaise bin. Es ist Herbst, wie ich im Herbst meiner Lebenszeit bin, möglicherweise im tiefen Winter, wie meine Mutter gewiss im tiefen Winter ist. Graz ist die vierzig Kilometer entfernte Hauptstadt meiner Kindheit.

Gestern war Welttierschutztag

5. 10. 2006 // // Kategorie Randnotizen 2006

JAGUAR
ZEBRUA
NERZ
CHINCHILL
HAI
UNICORN
MULI
LANGUST
SEPTEMBÄR
OCTOPUS
NOVEMBÄR
REH(ZÄHMBAR)

Wieder in Bad Blumau

4. 10. 2006 // // Kategorie Randnotizen 2006

Milena ist in Graz und ich bin wieder bis Graz in Bad Blumau. Jetzt ist alles anders, wie immer alles anders ist. Der Seerosenteich hat sein Schilf den Gärtnern und ihren Sensen verschenkt, im nächsten Sommer neues Schilf wird wieder so hoch gewachsen sein, als wäre es das Schilf von diesem Sommer. Dem Vulkaniasee mit seinem Samtwasser und seinen Millionen von Jahren am Buckel sind Jahreszeiten egal, es ist salzig wie immer und heilt mich zwanzig Minuten lang von einem ungesunden Dasein. Cesare Pavese schreibt am 2. 12. 1937 in seinem Handwerk des Lebens: “Heute hast du zuviel geredet.” Ich habe gestern zuviel geredet. Und am 25. 4. 1936 schreibt er: “Heute, nichts.” Und ich schreibe heute, heute, nichts.

Persien

2. 10. 2006 // // Kategorie Randnotizen 2006

Ich sitze in einem burgenländischen Dorf. Unter einem Nussbaum. Im Garten meiner Schwester. Die Störche sind seit Mitte August fort. Sie haben es weit nach Afrika. Da geht es dem Hahn besser. Seine Aufgabe ist das Krähen, für den Storch ist er ein Faulenzer, bei seinem wenigen Flügelschlag. Gestern habe ich einer Einladung zugesagt. Dezember in Persien! Auch ich werde bald ein Zugvogel sein. Mein Leben überrascht mich mehr als ich mich. Im Garten nebenan wird Fallobst gesammelt. Welche Gastgeschenke werde ich in den Iran mitnehmen? Und für wen? Jeder Katholikin ihr Advent.