Parerga et Prolegomena Graziae, Grüß Gott!

2. 10. 2007 // // Kategorie Randnotizen 2007

gaststube-kopie.JPG

Und Danke! In Graz gibt es Speisen, von denen ich vermutet hatte, daß sie von Brüssel via Wien aus längst und strikt untersagt, geächtet, verboten oder zumindest horrend sanitärbesteuert seien.
All hier kartiere ich meinen Grazer Speisegang der letzten Tage:

Sonnabend trug man mir geröstete Nieren auf. Als Beigabe ordnete ich Reis an; er gewährt der Niere Raum und Eigenheit. Die angängige Bratkartoffel wollte mir wider die Niere all zu nebenbuhlerisch auftreten, die Salzkartoffen zu gewöhnlich; einen Kloß erwog ich und befand ihn als zu schwer. Und die Nudel hat hier überhaupt gar nichts verloren, die soll mal schön im Pastaschrank bleiben und schmollen (bouder, Boudoir).
Dazu gabs Bier.
Töricht die Nachspeise: ein Verhackertbrot. Es besteht aus einer mächtigen Schnitte guten Roggenbrotes, auf die sehr großzügig ein zu Schmalz vermahlener Schinken gegeben, seinerseits mit Knoblauchpaste bestrichen und in Streifen geschnitten wird, welche dann ein ganz Gönnerhafter, ein Euerget gar, in der Küche noch mit je einer Scheibe fester Steirer Hartwurst belegt. Gurke in sito.
Mamma mia! Dazu bedurfte es eines Fettzermalmes und also gabs einen.

Sonntag wollten mir mittags ein Paar Frankfurter mit Gulaschsaft hinreichen.
Dazu gabs 1 Bier.
Das sonntägliche Nachtmahl debütierte eine vortreffliche Knoblauchsuppe. (Überhaupt entzückt mich der großmütige Einsatz des Knoblauchs in den Grazer Kochstuben.) Danach ließ ich Hirn mit Ei auftragen. Ich wollte es, konnte es ja erst nicht glauben:
„Hirn gibs? Hirn?“
„Freilich!“
Und schon stand es vor mir. Meine Mutter und ich, wir mochten es sehr, sie machte es für uns beide, mit Ei, manchmal Tomaten. Bregen mit Ei war unser innigster Mutter-Kind-Schmaus. (Der Vater sah betreten zu.)
Ein, zwei Knochensplitterchen – bei der Bregenspeis sind sie unvermeidlich, der Bolzenschuß macht nun mal Splitter… – versetzten mich dann ganz in die Sentimentalität und ins Andenken. Beigaben ließ ich ganz sein; noch ein Semmelkrümel störte das gemütvolle Erleben und Besinnen zu sehr.
Dazu gabs Bier. (Und mein Schilcher-Sturm-Coming-out.)

Montags lies ich es mir angelegen sein, die Flecksuppe zu prüfen. Tomaten stärkten den Fond, Kümmel, Majoran, etwas Bohnenkraut (?) und Knoblauch gaben ihr den rechten Treibschlag.
Danach Selchfleisch mit Kren, meine erste Najajut-Bestellung.
Naja, jut! Dazu gabs ja wenigstens Bier.

Heute werde ich schlicht bleiben, eine gewöhnliche Frittatensuppe soll mir das alltägliche hiesige heurige Hausgulasch präludieren.
Und dazu wird’s Bier geben. Basta.

Wo speiste ich all solches?
Ich aß und trank all solches in einem, nur einem und meinem Grazer Gasthaus und Lieblingsgasthaus!
In welchem denn?
Sag ich nicht! Sonst gucken mir doch morgen alle beim grüblerischen Hirnfressen zu.
(Nach dem nächsten Mahl und beim nächsten Mal verrate ich es.)

Wo ich nun aber gewiß niemals und nicht reingehe, ist in die Galeriegaststube Finken zum Bierstift, so ein verfluchter Mistkitsch! Da ist mir doch jeder Karpfenkopp lieber! Und jedes karierte Pokalgeweih! Aber da strömen sie hin, ins Finke, der Joe und der Maik und die Silbergrauen und die Parvernükebsen, welche da heißen: Frau Doktor Doktor Doktor Henk-Knaup-Kaspers-Schnürsenkel und so.
Weiter. Nur weiter so! Von mir aus solln se alle hingehen. (Hocken se nich am Nebentisch. Und so.)

muster-kopie.JPG

Weiter: Wer, bitte, denkt sich solch ein Muster aus? Denkt der Ausdenker dabei überhaupt? Oder deliriert er einfach so vor sich hin: Schwipp, schwapp, Komma, Strich, fertig ist ne Sonne, nich!? Und bekommt dann solch einen Schrecken, ob seines vaginösen Sonneninnersten, daß er, der Gestalter, in die Zwischenräume sofort einen apollinischen Dämpfer in Gestalt vergitterter Fenster einmontiert.
Na, irgendwie so muß es gewesen sein. Die endgültige Raserei erledigt dann ja der Stoffdruck.