31.1.2008

3. 6. 2008 // // Kategorie Randnotizen 2008

Fenster.

Jenseits der Glasscheibe Kirschzweige, Turteltauben und Zagreb am Morgen. Dann am Mittag. Dann am Abend. Auf dieser Seite ich, iBook und ein Tee. Und dann Wein.

Ich schreibe oder so etwas.

An jenen Tagen, an denen ich eine Lesung oder eine Theatervorstellung habe, kann ich für gewöhnlich nicht schreiben. Ich bin nicht imstande, zwei Zeremonien an einem Tag zu verkraften. Schreiben und Auftreten. So wie heute. Ich kann mich nicht auf die unvollendete Stelle in mir konzentrieren. Auf den Roman.

Dann schreibe ich Notizen für dich. Fußnoten. Etwas in der Richtung.

Zu den Texten, die ich bereits geschrieben habe, und denen, die noch nicht fertig sind und die immer die Wichtigeren sind. Natürlich. Immer ist das wichtiger, was noch nicht geschehen ist oder was es noch nicht gibt.

Zum Bespiel ist Petercol nach Basel gefahren und hat Stille zurückgelassen… Ich muss den neuen Roman bis zum Beginn des Steirischen Herbstes beenden… Den neuen Text für Erik bis Ende November… Nach Chile fahren.

Deswegen hasse ich Lesungen und Premieren. Sie zwingen mich, Texten gegenüberzustehen, zu denen ich persönlich kein aktives, kreatives Verhältnis mehr habe. In die ich nicht mehr verliebt bin. Denen ich entfliehen möchte. Je weiter desto besser. Sie zwingen mich, auf die Frage zu antworten, ob ich zufrieden bin, während ich denke, dass es eigentlich wichtig ist, ob sie zufrieden sind.

Ana fragte mich in einem Gespräch anlässlich der Aufführung von Europa und Rio Bar in Belgrad, warum ich die Vorstellungen nicht kommentieren will.

– Why do you think so? From which position do you claim that?

– It is because I am taking the author’s position, and that always implies risk to impose, through my comments, certain dogmatic perspectives on reading of the texts. Especially in the framework of drama theatre where precisely the despotic surveillance of the writer as opposed to other authors’ positions in the creative process has brought drama to its present crisis. Due to this hierarchy, the drama theatre has acquired debasing attributes of something ossified, predictable, and conventional. On several occasions I have been asked how I imagine ideal performance of my texts. I simply do not. I do not believe in ideal staging, as this would imply that a certain definite form exists, a certain definite concept perfecting the text, while it actually ceases to exist and produce. No, thanks. This is exactly why I choose silence.

– What is the meaning of this silence for your author’s position… or for the writing as opposed to performance? Is it completely independent from you, from the author of the texts… or the texts themselves…?

…This doesn’t imply that I deprive myself of author’s integrity – quite the contrary – I believe in effectiveness of performative machines contained in the text. I think that I’ve already demonstrated this in my stagings which, on the one hand, can be understood as a radical act of violence upon one’s own sentence and, on the other, as a refusal to establish that ideal, authentic scenic form of my texts.

Ich wache nicht über die Sätze. Ganz im Gegenteil, ich versuche sie zu vergessen.

Und den einen oder anderen neuen zu schreiben. Schon seit heute Morgen. Für dich.

Einer meiner Neujahrsbeschlüsse war, dass ich jeden Tag des ganzen Jahres Text-croquis schreibe, und zwar so, dass ich sie ausschließlich an mich selbst richte. Ich hielt das für eine Übung zur eigenen „Öffnung“. Mir selbst schreiben, so intim wie ich es nur kann, frei von jedweder stilistischen Prätention, jeder künstlerischen Absicht, jedem Streben nach Kommunikation, der theatertypischen Vorstellung, dass irgendwo im Dunkel doch jemand Anderer anwesend ist.

Genau nach einem Monat habe ich aufgegeben.

Ich war nie allein.

Immer warst auch du da.

Aus dem Kroatischen von Alida Bremer