Meintest du: Meinst du?

23. 8. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Am 25. August jährt sich der Todestag von Friedrich Nietzsche. Das bringt nicht nur den Sommerlochkalender von Journalistinnen und Journalisten zum Ausschlagen. Auch Jonathan Flickschuh muss sich darauf vorbereiten, dass der Name Friedrich Nietzsche, den man gar nicht richtig aussprechen kann, auch falsch in die Suchmaschine eingetippt wird. Ich habe bereits vorgearbeitet:

 

meintest_du_01

Hier kommt das schönste Feature von Google zum Einsatz: Meintest du. Bei Amazon heißt es umständlich: Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, haben auch … Das ist tollpatschig und zu lang. Google aber sagt einfach Meintest du. Nun habe ich das Ganze wieder ins Suchfeld kopiert – mit erstaunlichem Ergebnis.

meintest_du_02_neu

Wenn man den Google-Satz Meintest du: Friedrich Nietzsche in Google eingibt, so fragt Google: Meintest du: “Meinst du: Friedrich Nietzsche”. Google kreidet sich also das selbst verwendete Präteritum an und korrigiert es zum Präsens. Das kann ich nur so auslegen: Google hält sich selbst für ein wenig altmodisch.

Und tatsächlich – sucht man nach Meintest du, so erhält man Meintest du: “Meinst du?”

meintest_du_03

Friedrich Nietzsche scheint posthum immer wieder für Fehler gesorgt zu haben – Fehler, die sogar den Sinn des Geschriebenen verkehrt haben. Und das ist nicht unpassend. Die Neue Freie Presse bringt am 26. August 1900 auf der Titelseite einen Nachruf auf Nietzsche. Dort heißt es:

Alles, was an Parteien, Schlagworten[sic!] und Massen-Organisation erinnerte, war ihm bis in den Tod verhaßt. Aber gerade darin bestand sein Wesen. Er war ein Zoon Politikon.

Und weiter hinten:

Vom Standpunkte jener Wohlfahrtsmoral, die auf die Befriedigung der niedersten Bedürfnisse der Meisten ausgeht und ein höheres Gut als diese Befriedigung nicht kennt, ist auch nichts
einzuwenden gegen die große Massenheimstätte, die für Jeden ein Bett und ein Brot
und ein bestimmtes Quantum zugetheilter Arbeit hat. Desto mehr vom Standpunkte
einer wirklich revolutionistischen Ethik.

Schon am 27. August erschien auf Seite 5 folgender Artikel die Errata betreffend:

In dem Leitartikel unserer Sonntagsnummer sind zwei Druckfehler unterlaufen, die den Sinn in sein directes Gegentheil verkehrten. In Spalte 1, Zeile 15 von unten, darf es nicht heißen “Er war ein …”, sondern es muß heißen “Er war kein Zoon Politikon”. Ferner Spalte 2, Zeile 10 von unten, ist nicht zu lessen “revolutionistische”, sondern “evolutionistische Ethik”.

Meintest du also nicht was du meinst? Oder meinst du nicht, was du meintest? Was meint ihr?