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Verkrehte Welt

18. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

VERKREHTE WELT

(Erste Strophe von ca. 65.536)

 

früher waren die schwarzen schwarz
und die roten rot und es war wichtig
heute sind die schwarzen blau
und die roten sind durchsichtig

OH VERKREHTE WELT
OH VERDEHRTE WELT

heute hat deutschland eine alternative
und die alternativen machen schluss
wolfgang schüssel liest gerne seine e-mails
und armin wolf ist nicht auf google+

Unfollow Me

13. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Unfollow Me

(und der ungooglebare Begriff lautet Vortagskrapfen – gefunden in der Konditorei Aida)

Siehst du die Tatzen
von meinen Katzen?
Unfollow me!

Ich will so gern landen.
Die Crowd die muss es funden.
Unfollow me!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Save the time and
Save the date!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Es ist nie zu spät!
It’s never too late!

Vor und nach dem Essen:
Foto nicht vergessen!
Unfollow me!

Montag: Schnitzel, Dienstag: Rahm –
Und sofort auf Instagram.
Unfollow me!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Save the time and
Save the date!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Es ist nie zu spät!
It’s never too late!

Ihr müsst auch unterschreiben:
Der Wirt am Eck muss bleiben!
Unfollow me!

Ein Video muss echt sein.
Das kann nur 9:16.
Unfollow me!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Save the time and
Save the date!

Unfollow me!
Und spar dir die Zeit!
Es ist nie zu spät!
It’s never too late!

vortagskrapfen

Gleichnisgenerator

12. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Im Netz findet man alles. Alles, außer einen Gleichnisgenerator. Das wäre wichtig, denn auch die Vermittlung von Glauben muss sich der Automatisierung stellen. Etwa könnte man für den Upload einer Grafik das passende Gleichnis erhalten.

gleichnisgenerator_01

(Vermutung für dieses Bild: camel)

Der Text zu dieser Grafik ist bekannt. Ich zitiere ihn in gotischer Sprache im Wortlaut der Wulfila-Bibel:

azitizo ist ulbandau Þairh Þairko neÞlos galeiÞan, Þau gabigamma in Þiudangardja gudis galeiÞan.

gleichnisgenerator_02

(Vermutung für dieses Bild: como sacar el volumen de una piramide)

Dasselbe könnte man aber auch mit einem Gimpel machen:

gleichnisgenerator_03

(Vermutung für dieses Bild: body jewelry)

Es ist einfacher, dass ein Gimpel in eine Tabak-Trafik kommt, als dass ein Reicher in das Königreich Gottes geht.

Das Nadelöhr-Gleichnis, das Gimpel-Gleichnis, das Wahlkarten-Gleichnis, das Gleichnis vom gelöschten Video, das Zahntechniker-Gleichnis, Selfdudler-Gleichnis, das Dosenhugo-Gleichnis, das Tellerkomparsen-Gleichnis, das Gleichnisgenerator-Gleichnis usw. usf.

Ich würde mich freuen, wenn ich im Netz bald einiges davon finden würde.

Die Podratzer

6. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Die Podratzer sind kleinwüchsige Waldmännchen oder Kobolde, die noch bis in die 1920er-Jahre zu Hunderten in den Lavanttaler Alpen und den Wäldern zwischen Lieboch und Graz gelebt haben sollen. Die Herkunft des Namens ist ungeklärt, stammt jedoch wahrscheinlich aus einer Verkürzung des Wortes podiralec, slow. für Holzfäller.

Über ihre Körpergröße gibt es verschiedene Auskünfte. In manchen Schilderungen, bei denen es sich wahrscheinlich um Sensationsmache handelt, lag die Körpergröße eines ausgewachsenen Podratzers bei 70 cm. (Der kleinste damals bekannte Österreicher war Alois Unterkircher aus Pfunders in Tirol mit 73 cm; zwergwüchsige Menschen dieser Größe existierten also.) Ernstzunehmendere Angaben sprechen von Körpergrößen zwischen 120cm bis 140 cm, sodass ein großer Podratzer durchaus als klein gewachsener Steirer oder Kärntner und umgekehrt ein klein gewachsener Steirer oder Kärntner für einen Podratzer gehalten werden konnte.

Nach manchen Schilderungen hatten die Podratzer keine Sprache; wahrscheinlich ist, dass sie einen nordslowenischen Dialekt sprachen. Hingegen sind viele Schilderungen ihres Gesanges überliefert. In Graz sollen sogar Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Podratzer im Buchdruckerchor des Gesangsvereins Typographia und in der Elite-Damenkapelle Nedlich mitgesungen haben.

Ich kann mich erinnern, dass mich vor etwa 15 Jahren in einem Lokal in Graz zu später Stunde ein Betrunkener angesprochen hat, der mit versprach, er könne mir auf dem Fußweg nach Lieboch im Wald Kobolde zeigen, denen er regelmäßige begegne. Sie seien “ganz lieb” und “tun eh nix”, so beschrieb er sie.