Autoren Archiv

Winter im Süden

16. 6. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Liebe N!

Die ganze Zeit denk ich an die ganze Zeit die ich verbringe, hier. Und die Zeit ist langsam und ich frier. Draussen regnets stark, beinah schneits. Ich glaub ich bleib herinnen, rauch und schreib. Spät am Abend wird’s ein Gschnas geben, hab ich gehört. Vielleicht trau ich mich dort hin, auch wenns mich wahrscheinlich verstört. Mein Gott, ich bin so müde. Ich glaub ich bestell mir eine Kürbiscremesuppe. Und einen Vogelbeerschnaps. Im Fernsehen spielt es Barbara Karlich, ein Mann erzählt von seiner Frau, die 30 Jahre älter ist als er. Ich liebe es wenn in Lokalen der Fernseher laut aufgedreht ist. Ich liebe es nicht, wenn es so regnet, dass es beinah schneit. Aber bald beginnt eh die Frühlingszeit.

Küsse, N

Ein Kuss

10. 6. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Lieber N.,

Sh_Gedicht_01

Natalie

Karamellen

8. 6. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Lieber N., 

Und als er in die Straßenbahn einstieg und ein Duft oder ­Gestank ihn umgab, so süßlich aber so stark, dass es nicht mehr sicher war ob er roch oder stank und ob es Duft hätte sein können oder eher Geruch, es schien so als wäre die ganze Haut, das ganze Blut, der Atemzug, jeder, der ganze Magen voll Zucker, und Alkohol und Rauch in seiner Kleidung, als würde er nur Punschkrapfen essen, und währenddessen rauchen, eine nach der anderen, und dazwischen ein Stamperl oder zwei, und das Schlagobers und die Malakofftorten, und als wäre sein Sakko in Zuckerwasser gewaschen worden, oder seine Locken mit Zucker eingedreht, für die Erstkommunion nicht nur, nein, für das ganze Leben und ich wollte nur wissen, wo dieser Ort ist, an dem er sich immer aufhält und dessen Geruch er anzunehmen scheint. Es war der süßeste,  betrunkenste, triefendste Geruch, gleichzeitig kalt und rauchig und warm und weich wie ein Apfelstrudel mit Rum und Rosinen und Zucker und feinblättrigem Teig, wie er zergeht auf der Zunge, aber in einem Atemzug voller Rauch, weil der ganze Raum voll Rauch, aber dann kommt schon die Tante mit dem Kaffee und ich verstecke mich hinter der Couch, während ich geheime Bücher lese und niemand sieht mich und ich höre alles, und der Kaffee und die Torte und der Zucker und der Rauch, und die Musik im Radio und der Orangensaft in den Gläsern mit den Hirsch- und Jagdmotiven und im Radio Volksmusik.

Natalie

M.

30. 5. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Lieber N,

mit langen Hälsen und klopfenden Herzen schauten wir der Festgesellschaft zu, während die herrschenden Witze unsere Herzschläge verlangsamten und unsere Schlucke schneller werden ließen, unsere hüpfenden Augen und du hast Recht, gedankliche Grießnockerl und eine echte Kuttelsuppe, noch ein Kaffee und statt dem Harmonikaspieler hörte man nur das Gluckern des Maggis und die funkelnden Kerzen und die schmilzende Schokoladenglasur der Geburtstagstorte, deren Rauschen alles übertönte als der Musiker tanzte und unsere Augen das Tischtuch suchten und den Boden und die Wandbilder, sowie die Uhr. Und die Fransen am Rand der Tischtücher flochten unsere Hände ohne Zutun, wie die Flechtfrisuren der Gäste.

Küsse, N.