Ein Montag

18. 9. 2006 // // Kategorie Randnotizen 2006

Gerhard Amanshauser lebt nicht mehr. Ich habe mich nicht von ihm verabschiedet. Die Karte ist zu spät in meiner Post gewesen. Seiner Witwe Barbara habe ich einen gestammelten Brief geschrieben. Wir haben ihn den gläsernen Tänzer genannt, weil er wie niemand sonst elegant über das Parkett zu gleiten pflegte. Jeder Mensch, der nicht mehr ist, verändert die Welt, sagt Adorno. Ich komme von einer Lesung in Strobl am Wolfgangsee zurück, die mich sechzig Kilometer von Salzburg entfernt in meine Vergangenheit und seine tote Nähe gebracht hat. Ich war mit der Bahn auf dem Schafberg und habe leibhaftig von 1780 Metern hoch oben den Wolfgangsee, den Attersee, den Mondsee, den Fuschlsee, den Irrsee, und von der Himmelpforte aus den Krottensee bestaunt. Sechs Seen, der siebente hat sich versteckt vor mir. Den hätte ich am äußeren Punkt der Spinnerin entdecken können. Mein Höhenschwindel hat mir diese sieben auf einen Streich nicht vergönnt. Auch zum Adlerhorst habe ich robben wollen, nackte Angst und starker Wind haben mir diese steinerne Schinderei erspart. Wäre ich ein Vogel gewesen, am besten ein Adler, ja dann… und hätte singen mögen “Im Westen geht die Sonne unter, im Osten auch. Dann viel Glück!” (Herbert Brandl)