die aufputzung des kühlschranks als entscheidung und widerstand

26. 5. 2007 // // Kategorie Randnotizen 2007

Woraus hervorgeht, dass das Volk klüger ist, als es weiß, aber sofort und ohne Umstände blöd wird, sobald es dazu angehalten wird.

Blumfeld scheiße finden zum Beispiel. Nur die Leute in einem bestimmten Bereich, der durch den obigen Satz abgesteckt wird, also nur die Leute, die halstief im Beet des Pop stecken, fallen in den abyme, aus dem heraus alles gut ausschaut, was an einen adressiert ist. Wie Alice schluckst du dann Beliebiges, schrumpfst, wirst unmäßig groß, probierst alles, nicht zu rauchen, aus dir rauszugehen, dich zurückzuziehen, wenig zu trinken, gar nichts zu trinken und essen gleich auch nicht, nach Italien zu fahren. Du bist eben nicht Volk und kannst das nicht. Starrst wie ein Blödian auf einen Hunken Parmesan, stundenlang, und beginnst dann nach Mitternacht daran herumzuhacken. Mit dem Korkenzieher. (Und tatsächlich kostest du dann, zwei Stunden nach Mitternacht, endlich eine Art, in schweren Scheiben, zu leben.) Während sogar die, deren Köpfe kaum aus ihren Sonnenbrillen herausreichen, und noch die Milchgesichter, deren blaue Hemden weiterhin in den Bürodrehstühlen stecken, nicht die geringsten Schwierigkeiten haben, es richtig zu machen und eine wunderbare Mahlzeit aufgetischt zu bekommen, diese mit Genuss zu verzehren, sich den Mund abzuwischen, zu bezahlen, nachdem sie eine angemessene Menge guten Weins zum Essen getrunken haben, und wieder zum Bürostuhl zu gelangen, wo sich das Wanken in eine wiederholt angedeutete Drehbewegung wandelt, das einzige, was ihr Unterbewusstsein an Aufwendung verlangt, um sanft und easy seine Verdauungstätigkeit gekurbelt zu bekommen.
Okay, vielleicht stecken die Deutschen alle in irgendeiner Art Beet. Nur: vielleicht sind sie dort ja gut aufgehoben. Fest steht, alles, von dem es heißt, dass es salonfähig geworden ist, ist immer vollkommen und rettungslos übel. Was ich anmerken will besteht nicht in dieser Feststellung, sondern in der, dass man ja eine Zeit lang offenbar sehr wohl allgemein gewusst hat, dass es gute Gründe gibt, dies oder jenes zu unterlassen. Und dann kommen irgendwelche Tageszeitungen daher und posaunen herum, dass man diese Sachen plötzlich oder wieder machen darf, und sofort kommen alle aus ihren Häuschen und vergessen das Gefühl, das bis dahin sachte das Tabu gestützt hatte, um auszuprobieren, dass sie angeblich wie die anderen im Trend der Zeit aufgehoben diese Sachen machen können, die sie zuvor wohlweislich unterlassen hätten. Sogar das wird vergessen und durch die Kollektiverinnerung ersetzt, das schon einmal gedurft zu haben, oder zumindest es dürfen gesollt zu haben. Dabei spielen vielleicht mehrere Nebenfaktoren eine Rolle. Zum Beispiel das Phänomen der Vorreiterspacken. Die Gestalten, die etwas trauriger sind als du und dies oder jenes tun. Es sieht relativ einfach aus, sie darin zu übertreffen, und schon ist ein kleiner Ehrgeiz da. Das ist eine ganz wichtige Rolle und Aufgabe in der Gesellschaft, dass es neben den totalen Glamour-Stars auch die Leute gibt, die auf ihre vollkommen verunglückte Weisen die Brücke schlagen zwischen Perfektion und den frischen Socken des Gschupften Ferdl. Das sieht dann so aus wie die hyperrealistische Plastik von der auf einem Bären gebärenden Britney Spears. Oder so.

viva la paranoia

Komischerweise hat das in allen Hinsichten mehr mit Religion zu tun als mit Drogen, die, was sie auch immer sind, keinen Hirnfick zustande bringen, sondern nur an den Voraussetzungen dazu hantieren. Ich frage mich nur: ist die Einschätzung der eigenen Intelligenz des Volks gestiegen, seitdem es Sudokus lösen kann? Genauer: Ist die Einschätzung der eigenen Intelligenz als Einzelne, möglicherweise gekoppelt an die verblüffende Erkenntnis, dass man zu etwas imstande ist, das einem Monate zuvor nie in den Sinn gekommen wäre zu versuchen, gestiegen, oder ist die kollektive Einschätzung wie ein Meeresspiegel gestiegen und hat die gefühlte Distanz zu den sogenannten Intellektuellen verkleinert? Das alles hat auch mit Dan Brown zu tun und ist eine einzige riesengroße Verschwörung gegen uns, was du in jeder Kneipe bestätigt kriegen kannst. Sie haben aber Verständnis dafür, ja beneiden uns fast dafür, dass wir in unsere Arroganz so allmählich hineingewachsen sind, und bieten an, gemeinsam mit uns daran zu arbeiten. Was bedeuten wird, dass in Zukunft die Arroganz gleichmäßig auf alle Menschen der Erde verteilt werden wird.

Ockhams Rasierklinge im Blut

Die Do-it-yourself-Ästhetik des Alltags

Das “I would prefer not to” der Extremitäten

Womit wir wieder beim neuerdings sauberen Kühlschrank wären.

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