BETTER

17. 6. 2007 // // Kategorie Randnotizen 2007

BETTER

Buenos Aires, 14. Juni

If I kiss you where it’s sore

If I kiss you where it’s sore

Will you feel better, better, better

Will you feel anything at all 

Ich stehe verkatert auf, gehe zu meinem Deutschkurs und höre mir dabei wieder und wieder das Lied BETTER von Regina Spektor an. Es ist kalt, die Sonne zeigt sich nicht, und ich habe meine melancholischen Kleider an. Über meinem Kopf spüre ich eine schwarze Wolke, die nur für mich existiert, eine Miniaturwolke, die mir überallhin folgt wie im Zeichentrickfilm.

Im Deutschunterricht erklärt uns der Lehrer den Unterschied zwischen KÖNNEN, MÖCHTEN, WOLLEN, MÜSSEN, DÜRFEN, und dann sollen wir Sätze mit leeren Stellen vervollständigen. Ich fülle die Leerstellen im Buch wie ein Roboter aus und denke, dass ich ein Idiot bin, dass ich nie Deutsch lernen werde, wozu ich überhaupt so eine harte Sprache lernen will, dass ich das Buch aus dem Fenster werfen und schlafen gehen sollte.

Heute ist mein Herz eine Autobahn, und ich weiß nicht, ob ich mich so fühlen KANN, MUSS oder NICHT DARF. Ich stehe mit einer Wolke über mir auf und zweifle an allem: an dem Menschen, den ich liebe, an den Stücken, die ich schreibe, an der Zukunft.

Wenn S. lange Zeit fort ist, wird seine Liebe irreal. Liebt er mich denn wirklich, wenn er nie bei mir ist? Dann klingelt das Telefon und mein ehemaliger Freund ist am Apparat um mir zu sagen, dass er mir von seiner Reise ein Geschenk mitgebracht hat und dass er es mir ins Theater bringt. Und ich frage mich, was ich mit diesem Geschenk und mit der Vergangenheit machen soll, die ins Telefon sickert, in meine Träume und in meine Gedanken, wenn ich auf der Strasse gehe und Musik höre. Ich atme ein paar Mal tief durch und sage mir, dass alles BETTER sein wird, dass es einfach nur ein melancholischer Tag ist und ich an die Zukunft denken muss.

Und wenn ich an die Zukunft denke, frage ich mich wie wohl das Leben derer sein wird, die noch fast keine Vergangenheit haben, und dann kommt mir Umaia, das Baby aus dem Stück, in den Sinn. Gestern erzählte mir Natalia, die Mutter-Schauspielerin aus Striptease, dass sie alle Artikel über das Stück aufhebt, damit sie Umaia einmal lesen kann, wenn sie größer ist. Und ich frage mich, welche Erinnerungen sie an das Stück haben wird, wenn sie mal erwachsen ist. Nimmt sie die Vorstellungen als etwas Reales oder als Fiktion wahr? Und was ist denn Vergangenheit? Doch nichts Anderes als eine Fiktion, die uns wie eine Miniaturwolke überallhin verfolgt.