MOSKAU IN WEISS 1

8. 6. 2012 // // Kategorie Randnotizen 2012
Neulich zurueck aus Moskau, ich weiss nicht wo ich anfangen soll.

5 Tage dichtes Programm. Habe viel Zeit verbracht bei Accupy Abay am Chistoprudny Boulevard vor dem Denkmal Abay Kunanbaev; am Alten Arbat (dem Camp vor dem Josef Mandelstam Denkmal) und dem Camp fuer die Pussy Riots vor dem Mosgossud (dem Moskau Hauptgericht).

Abende am Accupy Abay, dort war bis vor kurzem ein 24-stunden Camp mit Diskussionen, Lesungen, Singen und selbst gemachten Butterbroten. Die Nachbarschaft hat das Camp unterstuetzt, die Campbevoelkerung durfte sogar bei den Anrainern duschen. Man hat sich selbst strenge Regeln aufgestellt, um den Anschuldigungen der Polizei zu entkommen (die Leute haben penibel sauber gehalten, Alkohol war verbannt und zu spaeten Stunden wurde kein Laerm verursacht etc).

Dann wurde das Camp von der Polizei brutal aufgeloest, einige wurden festgenommen, einige zogen zum naechsten Ort, zu Merto Barrikadnaju, das Camp dort hat aber nicht lange gehalten, wurde noch brutaler aufgeloest. Dann sind einige weiter gezogen an den Alten Arbat.

Also, das was ich in Moskau vorfand, war zum einen Assambleja am Occupy Abay, wo sich die Leute nun nur abends, nach der Arbeit versammelt, diskutiert und einer großartigen Reihe von Vortraegen zugehorcht haben (allerdings ohne Lautsprechen, weil das schon gesetzeswidrig waere und mehrere Polizeiautos, die man fuer die Festnahmen verwendet, vom Volk Avtozak genannt, ohnehin schon in unmittelbahren Naehe standen).

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Zum anderen gab es ein kleines Camp am Alten Arbat, wo die Leute standhaft versuchen auch nachts ihre Posten zu halten. Wurden aber nachdem sie sich auf die Steine hingelegt haben sofort wieder von der Polizei geweckt. Ich habe dort mit einigen gesprochen- es waren grossteils Leute mittleren Alters, darunter eine Akademikerin mit 3 Kindern zu Hause- die so schon paar Tage ohne Schlaf zugebracht hatten.

Als ich am Alten Arbat ankam, waren kurz zuvor ca. 30 Leute festgenommen worden – allein wegen den weissen Kleiden, bzw. Schleifen, die sie trugen (die weisse Farbe ist in Russland nun die Farbe des Wiederstandes gegen Putin und fuer gerechte Neuwahlen). Eine junge Frau hatte weisse Schleifen bei sich. Ich fragte sie, ob sie mir eine geben kann, sie sagte ja, mir muss aber klar sein, dass ich dafuer festgenommen werden koennte. Ich bindete sie an meiner Cameratasche.

Ich verbrachte dort einige Zeit und zog weiter, ohne dass in dieser Zeit Polizei eingegriffen hat. Am Abend hoerte ich, dass dort an diesem Tag insgesamt an die 100 Leute festgenommen wurden (das war am 27. Mai).

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Vor dem Moskauer Gericht traf ich die Gruppe Occupy sud (Occupy Gericht), die sich fuer die Freilassung der Mitglieder von Pussy Riot freepussyriot.org/ einsetzen. Ich fand sie neben mehreren schwarzen Muellsaecken, in welchen die Reste von ihrem Hab und Gut drinnen waren – am Tag zuvor wurden sie von einer 20koepfigen Gruppe Jugendlicher ueberfallen, die alles kaputt gemacht haben. Niemand zweifelt daran, dass diese damit beauftragt waren…

Am naechsten Tag habe ich erfahren, dass alle im Camp verhaftet wurden, dieses aufgeloest wurde.


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