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besser als jetzt

1. 7. 2010 // // Kategorie Randnotizen 2010

ich schilderte einem bekannten meine unzufriedenheit. und zwar im speziellen die unzufriedenheit von vor zwei jahren, meine damalige unzufriedenheit nicht nur mich allein, sondern auch meine damalige beziehung zu meinem exfreund betreffend. mein bekannter brachte als antwort darauf sein erstaunen zum ausdruck. er hätte uns immer für das perfekte paar gehalten. er hätte uns geradezu beneidet. wir hätten so ein schönes bild abgegeben zusammen, man hätte sich so gut vorstellen können, wie schön die gemeinsame arbeit und auch das gemeinsame leben bei uns zwei intelligenten und an ähnlichem interessierten gewesen wäre. auch hübsch und strahlend hätten wir gewirkt und wären seiner einschätzung nach nicht nur zielscheibe seines, sondern auch des neides vieler anderer geworden. ich war sehr erstaunt. nie wäre mir ein dahingehender gedanke gekommen, und ich beeilte mich, das meinem bekannten zu versichern. ich fuhr fort, die unsicherheit, die uneinigkeit und den zweifel zu schildern, die mich damals beschäftigt hatten. die unzufriedenheit und unruhe, die angst. doch während ich anscheinend noch dabei war, meinem bekannten sein vorstellungsbild von uns als glücklichem paar zu nehmen, beobachtete ich an mir eine leise freude darüber, dass mir mein bekannter anscheinend nicht ganz zu glauben schien. und langsam begann ich sozusagen in zwei entgegengesetzte richtungen zu arbeiten, ernsthaft meine realität begreiflich zu machen und andererseits seinen zweifel an meinen aussagen zu schüren. ich bemerkte, dass ich dinge ausliess, die eine auslegung seinerseits zu stark eingeschränkt hätten, ich liess entscheidendes im dunkeln und spürte ein wohliges gefühl, dort wo mich die wärme seines glaubens an mein vergangenes glück anwehte. die lücken, die ich in meiner erzählung für seine phantasie freiliess, wurden grösser, bis das gespräch schliesslich ganz versiegte und an einer anderen thematik neu aufgezogen wurde. in der folge kehrten meine gedanken immer wieder zum gesagten zurück. ich liess sein bild von meiner beziehung revue passieren und stellte mir mich und meinen exfreund aus seiner perspektive und im licht der neuen informationen vor. ich begann selbst zu zweifeln. unter umständen waren die gemeinsam verbrachten jahre ja doch ungewöhnlich schön gewesen, in der relation zu anderem sogar ein glücksfall und ein segen. der verdacht kam auf, dass meine damalige situation in jedem fall besser gewesen ist als meine jetzige.

ein fuchs

20. 6. 2010 // // Kategorie Randnotizen 2010

ich habe einen fuchs gesehen auf der autobahn. er ist gerade noch davongekommen durch die leitplanke, auf die andere seite, auf die falsche seite, ins autobahndreieck hinein. entkommen und doch umzingelt auf drei seiten von anderen autobahnen. dort drüben. ein schöner fuchs. und klug muss er auch gewesen sein, weil er es geschafft hat, wenigstens das eine mal. das ich gesehen habe. das ich bezeugen kann.

weltmeister hamster

19. 6. 2010 // // Kategorie Randnotizen 2010

auf der suche nach einem kind  für einen film war ich in grossrussbach und habe mir volkschultheaterinszenierungen angeschaut. selber der bösewicht im publikum mit abschätzendem blick, auch wenn es hier ausnahmsweise einmal nicht darum geht, das schöne kind zu finden, was immer das heissen mag, und auch nicht das süsse. trotzdem steht man mit seinen einladungszetteln in der ecke und fühlt sich schuldig. man schaut kinder an und erwägt und beurteilt.

marienkäfer, enten und lebende europafahnen tummeln sich auf der bühne. manche haben sprechrollen, wahrscheinlich weil sie so schön sprechen können, dass sie im zweifelsfall fähig sind, das end A in mama mit einem ER zu ersetzen. andere, deren aussprache und steifheit zu wünschen übrig lässt, schlagen die triangel oder sind eine ratte von 12en. ich hatte auch nie eine sprechrolle in der schule, und meine sympathien wenden sich verstärkt den ratten und schwammerln in der letzten reihe zu. für einige wird sich sicher bald alles ändern, wertigkeiten werden verschoben, geschmäcker wandeln sich, der eine oder andere kommt drauf, dass sein nachteil auf einmal ein vorteil geworden ist. die kleinen prinzessinnen, die in der ersten reihe das längste gedicht aufsagen, als wäre es in einer für sie unverständlichen sprache verfasst, werden busen bekommen und zu dick sein. die brillentragenden einserschüler, die jetzt als erzähler das stück bestimmern, werden zerquält ihr coming out vorbereiten. und der ganz hinten, der jetzt ausschaut wie ein kleiner aus dem nest gefallener geier, wird der love interest des ganzen gymnasiums.

freundschaft wird grossgeschrieben in den stücken. mehrmals wird betont, dass sie das wichtigste auf der welt ist. einerseits erinnere ich mich zurück an meine schulzeit als schüchternes und ewig auf der leitung stehendes kind und habe schwere zweifel, ob irgendeiner der schauspieler überhaupt versteht, wovon er da sprechen muss, andererseits erinnere ich mich an das ende meiner schulzeit und die erkenntnis, dass die in der schule hochgehaltenen werte sechs monate nach der matura nirgends mehr vorkommen. plötzlich und wie so oft, ist man der einzige trottel, der den schmus noch glaubt. freundliche ratgeber erzählen einem vom konkurrenzkampf, und dass man sich in einer welt, die nur aus verlieren und gewinnern besteht, doch schleunigst auf die gewinnerseite schlagen soll. dass alles schon gut eingerichtet ist in der welt, und dass die, die auf der strecke bleiben, das auch verdient haben. freundschaft hin oder her. irgendwo muss das ein ende haben.

das letzte stück heisst weltmeister hamster. darin wird festgestellt, dass katzen, hunde und vögel sehr wohl spezielle talente haben und damit irgendwie einen sinn ergeben. hamster…oder waren es meerschweinchen?….dagegen nichts verwertbares leisten und deshalb völlig nutzlos, also für nichts und wieder nichts auf der welt sind. die deprimierten nager schämen sich auch tüchtig. in folge wird aber dann entdeckt, dass sie sehr wohl eine besondere gabe haben, sie achten nämlich aufeinander und auf die anderen tiere. sie sind gute freunde. aufgrund dieses talents werden sie dann zu weltmeistern gewählt. ich hoffe, dass die meerschweindln standhaft bleiben und sich nicht als erwachsene oder halberwachsene für ihr schweindldasein zu schämen beginnen. nur weil sie sich nicht so gut verwenden lassen, wie die anderen viecher.

gesund

7. 6. 2010 // // Kategorie Randnotizen 2010

ich bin wieder gesund und versuche mein leben einzuholen. es rennt ziemlich weit vorne, ziemlich schnell vor mir davon. gestern war ich, um einen anfang zu machen, 12 stunden lang im theater. die wohnung hat sich dadurch nicht geputzt und der blog sich nicht geschrieben. schau an. vor soviel schuld muss man kapitulieren und sich im tv eine arztserie und einen englischen krimi anschauen. und hoffen, dass sich das hirn dadurch ordnet. an entschuldigungen feilen und lange listen schreiben. das wäre der nächste schritt. für ein aussehen sorgen, das keinen verdacht erregt. wäsche waschen. moderne wunder. in einer welt ohne waschmaschinen müsste ich ins betreute wohnen.