Vorstellung des Unmunds

29. 5. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

Da der Leierkastenmann leider nur einmal in meine Gasse gekommen ist, möchte ich nun ein ganz anderes Wesen vorstellen: Den Unmund, der mich durch dieses Randnotizen-Abenteuer begleiten wird. Der Unmund ist mein probates Mittel gegen die Verzweiflung. Der Unmund ist da, um affirmativ Stellung zu beziehen, wo ich mich mit Grausen abwenden müsste, weil der Unmund liebt, was mich quält. Wenn ich durch die Straßen gehe und die Plakate mir den öffentlichen Raum verderben, so stelle ich mir vor, dass der Unmund als Hund neben mir läuft und Werbebotschaften und vom Boulevard die Zeitungen säuft. Der Unmund ist das Produkt all derer, die sagen, sie bedienen nur eine Nachfrage, für die sie nichts können. Der Unmund konsumiert Sprache und kann selbst nicht schreiben, wie auch, mit ungelenker Pfote. Nein, viel besser ist es, laut und deutlich seine Meinung zu sagen, mit Versatzstücken, Satzstücken, Ücken, Cken, die man zusammengefressen hat und halb verdaut, hicks! ins Gespräch einbringt. Ein Gespräch ist dann sozusagen ein Brei von Ausgekotztem, und die, die sagen, dass sie nur eine Nachfrage bedienen, haben das Ohr ganz dicht am Volksmund, und durch ihre Ohren geht die Volkskotze hinein und durch ihre Druckermaschinen kommt sie als Nahrung für das Volk wieder heraus. Der Unmund ist der Prototyp dessen, was dieser Kotzprozess originär generiert. Die schlimmste Beleidigung ist für den Unmund, wenn einer sagt, er soll selbstständig denken. Wenn einer zum Unmund sagt, selbstständig denken, dann glaubt der offensichtlich, dass der Unmund deppat ist. Der Unmund ist aber nicht deppat, das wird der schon noch sehen, denn der Unmund wird seinen Schulabschluss nachholen, jetzt wo die neue Zentralmatura da ist und sich endlich an die neue Zeit anpasst. Auch die Schule bedient nämlich nur eine Nachfrage, für die sie nichts kann. Wer glaubt, die Schule macht ein Angebot, der irrt! Die Schule kann da nichts machen, die muss ihren Auftrag erfüllen, so ist das in der freien Marktwirtschaft, das werden die Schüler schon noch sehen, wenn sie erst einmal fertig produziert sind für die freie Marktwirtschaft. Es gibt eine große Nachfrage an Konsumenten und innen, und es ist die Verantwortung der Schule, die Kinder zu guten und vollwertigen Konsumenten und innen auszubilden. Die Schule produziert für die Gesellschaft, und die Gesellschaft gehört der Wirtschaft, und wenn die Schule nicht Jahr für Jahr genügend Konsumenten und innen liefert, dann fackelt die Wirtschaft nicht lange, dann wird die Produktion ausgelagert. Es gibt viele, die das billiger machen, die Schulen brauchen gar nicht zu glauben, dass sie nicht ersetzbar sind! Und es gibt welche, die machen das nicht nur billiger, sondern auch besser, da sind dann nicht in jedem Jahrgang Mängelexemplare, die mit kritischen Ideen verunreinigt sind, weil sie es aus Versehen in die Schulbibliothek geschafft haben oder weil kapitalistisch unzuverlässige Lehrkräfte am Werk waren. Wenn die Schulen ihren Auftrag zur Bildung von konsumierendem Material nicht einhalten, dann kann die freie Marktwirtschaft auch einfach in Bangladesch produzieren lassen, die machen dort fertige KonsumentInnen in acht Jahren statt in zwölf, und das ist nur die Verhandlungsbasis!