Krimikataster

24. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

Ein sonntäglicher Ausflug zu den weißen Eseln im Burgenland (sie sind kurz in meinem Video zypriotischer dosenhugo zu sehen) zeigt mir Möglichkeiten auf, sich mit anderen Autoren zu verfreinden. Nach dem Besuch bei den Eseln sitzen wir zu Mittag in einer Schenke. Der mittelalterliche Herr am Nachbartisch nimmt öfter Anlauf uns anzusprechen, z.B. indem er unsere Bestellung kommentiert. Wir ignorieren ihn zuerst, dann aber (und wir wissen, dass auch die Borg nicht sofort angreifen) ist er nicht mehr zu stoppen. Er duzt uns sofort.

ER:    Warts ihr bei den weißen Eseln?
ICH:  Ich bin beruflich hier.
ER:   Ach so? Was für ein Beruf?
ICH:  Ich bin Krimiautor. Ich schreibe den ersten Krimi über den Seewinkel. Ein neuer Kommissar, Sie verstehen?

(Lange Stille. Der Mann isst nicht weiter, legt das Besteck weg.)

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ER:   Du willst mich verarschen, oder?
ICH:   Nein. Warum?
ER:   Ich bin auch Krimiautor. Ich schreibe den ersten Seewinkel-Krimi. Verstehst du? Du kannst keinen Seewinkel-Kommissar mehr machen. Der Seewinkel ist besetzt.

(Die Getränke kommen.)

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ER:   Mach halt was auf der anderen Seite: Mörbisch. Rust. Aber nicht im Seewinkel. Der Seewinkel gehört mir.
ICH:  Woher soll ich das denn wissen?
ER:   Ja, hast du denn nicht im Krimikataster nachgeschaut?
ICH:  Was ist das?
ER:   Dort siehst du, wo es schon Kommissare gibt und wo nicht. Das ist doch Ehrensache, das man den Kollegen nicht ihre Region wegnimmt.

Das erinnert mich an die Liegewiesen um die Lacken in der Lobau. Dort darf man sich auch nicht auf den Platz legen, wo der Charly seit 37 Jahren liegt, auch wenn der Charly seit 5 Jahren nicht mehr gesehen wurde oder schon längst am Zentral liegt.

ICH:  Und du bist schon eingetragen im Krimikataster?
ER:   Ja, sicher!
ICH:  Ist das eine Webseite?
ER:   Ja, sicher!

(Meine Begleiterin mischt sich ein.)

SIE:  Er war zuerst. Du musst ihm den Seewinkel lassen.

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(Dann essen wir. Der Kollege schweigt lange. Dann doch wieder.)

ER:   Wie heißt dein Krimi?
ICH:  Ich träumte von weißen Eseln.
ER:   Umgetexteter Songtitel. Nicht ratsam!
SIE:  Der Titel bleibt.
ER:   Aber der Seewinkel muss weg!

(Regieanweisung)

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ER:   Wie weit bist du beim Schreiben?
ICH:  Fast fertig!
ER:   Und wie heißt dein Kommissar?
ICH:  Dann weiß ich noch nicht. Das mach ich als Allerletztes.

(Er lacht.)

ER:   Hahaha. Als Allerletztes! Wie geht das denn?
ICH:  Mit fakenamegenerator.com
ER:   Was ist das?
ICH:  Eine Webseite.
ER:   Das dachte ich mir.
ICH:  Du lässt dir eine Person erfinden. Du gibts Nationalität und Sprache an und bekommst alles:
Name, eine echte E-Mailadresse, eine echte Handynummer, Geburtsdatum, Autotyp, Kreditkartendaten, Wohnadresse – einfach alles!
ER:   Wahnsinn! Du bist doch nicht so blöd! Hätt ich Dir nicht zugetraut.

(Er packt sein Netbook aus.)

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ER:   Wie geht der Link?
ICH:  fakenamegenerator.com

(Er tippt und klickt und schweigt. Dazwischen immer nur kurz:)

ER:   Wahnsinn!
ER:   Das ist genial:
ICH:  Und wie heißt die URL vom Krimikataster?
ER:   Gib einfach Krimikataster in Google ein.
ICH:  Wie schreibt man Kataster?
SIE:  Ganz normal K-A-T-A-S-T-E-R.
GOOGLE:  Es wurden keine mit deiner Suchanfrage – krimikataster – übereinstimmenden Dokumente gefunden.

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