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ex-boss ____

11. 7. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

 

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work in progress: videostills zum stück “ackermann” [CLASS]

 

 

DERYA

28. 6. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

Derya ging zielstrebig los. Eilte wie die geballte faust eigentlich durchs gelände, durch die einkaufszentren, die an den peripherien der stadt wuchsen wie gefährliches gewebe, stapfte durch sonnenstudios, autowaschanlangen, menschenparks, kinosäle, büros. Die schweren bücher, die sie am rücken trug, stießen fester, schmerzvoller gegen die wirbelsäule, je schneller sie lief.

Derya verletzte die straßenverkehrsordnung, ihre aufsichtspflicht (dem kleinen gegenüber), den gesunden (gesündesten!) verstand. Das also war ihr fieber: Ein groll, eine angst, ein neuer tag. Die stadtsilhouette verlor ecken, kanten, das verbindliche, das verlässliche, erschien ihr irgendwann verwaschen wie im aquarell, löste sich leicht an den rändern vom ganzen wie ein locker gehäkelter faden. Ohne regel, ohne rhythmus fielen Derya jetzt die sequenzen der letzten wochen zu und diese erinnerungen waren dreist & gemein, traten auf wie üble charaktere im tragischen stück. Der groll, dachte Derya, müsse sich fassen und formulieren lassen, irgendwann, müsse am genick zu packen sein und in die zelle verfrachtet werden können, von wo aus er sich – passabel zumindest – beherrschen, halten, bannen, abfotografieren ließ, und abführen in die akten !

Derya machte eine pause, streckte sich auf der parkbank aus, döste ein wenig. Bald schon träumte sie vom ausgleich, von der genugtuung, von klaren, waagrechten verhältnissen. Der weg dorthin, sagte ein kleines tier in diesem traum, sei jedenfalls eines nicht:
einsam, abgeschieden
& gerade. //

 

precari anno 1989

24. 6. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

sh-precari

bologna | camera confederale del lavoro 2014

PROFAMILIA::: LADOLCEVITA

13. 6. 2014 // // Kategorie Randnotizen 2014

 

pro familia_foto

 

wir waren opernsängerinnen und lebten in hotels.

jeden abend gingen wir aus und lobten einander für unsere hart erarbeiteten stimmen, die uns gehörten wie anderen teure wägen, gewichtige posten.

wir liebten einander kreuz und quer, in vielen konstellationen, in vielen städten, an vielen plätzen.

wir standen modell. ließen uns malen in adretten posen, in schweren kostümen. die bilder hingen an den wänden der pausengänge der opernhäuser dieser welt: wir sahen uns an.

manchmal kam uns eine klare idee, die wir langsam, bedächtig und ein wenig schwerfällig formulierten, die wir einander schenkten wie ein zufällig gefundenes bündel, ein kleines kostbares ding, das uns rasch wieder abhanden kommen würde, da waren wir sicher — !

Domenico war der freimütigste:
oft vergaß er seine verpflichtungen, kam zu spät in die probe, hinterließ aber stets einen scherz, eine opulente geschichte, ein schönes kompliment überall, wo er sich blicken ließ. jeder konnte ihm alles verzeihen, ihm seine unzuverlässigkeiten nachsehen und alle mochten ihn schließlich ob seiner federleichten art, und so ging sein name durch die orte, die bars, die lobbys, wurde weitergereicht wie ein offenes und doch delikates geheimnis, wie eine süße nachspeise, eine erträumte eskapade, die man sich gerne gegönnt hätte, hätte man sie nur berappen können, wäre sie einer nur zugefallen wie ein lotterielos, das auch tatsächlich gewann —   /    [Domenico ließ sich nicht halten]

 
Sonja war disziplinierter, dachte jahr um jahr öfter an die zukunft ihrer stimme, wollte für sich sorgen, hatte pläne für die zeit nach dieser blase, die ihr leben vielleicht genau jetzt war (ja?), und kultivierte eine stirnfalte,
eine kleine depression,
eine schwierige fernbeziehung,
einen empfindlichen magen.