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Dressing up for Steirischer Herbst 10

15. 10. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

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So viel ist passiert seither. Geburt, Leben, Krankheit, Tod. Wir wollen darauf hier nicht näher eingehen. Das sind keine Blogthemen. Das sind echt keine Blogthemen.
Und Tess kann nicht meckern: Abendessen beim Grazer Italiener mit Sir Peter Nell, vorher noch einen Blick geworfen auf die bunte Ankommenszone im Stadtpark und die kleine Ausstellung dort nebenan, der Galeriename ist ihr entfallen, dann ab in den »Club Panamur« im Orpheum. Sie hat nichts ausgelassen, deshalb hier, ausnahmsweise, mit Beweisfoto.
Und wie durch ein Wunder fügt sich alles und kommt zusammen, was zusammengehört, denn dort oben, im ersten Stock, gibt es doch tatsächlich einen Platz, an dem man sich schminken lassen kann. Dressing up for Steirischer Herbst, hab ich’s nicht immer gesagt?! Eine junge Künstlerin namens Hatschepsut, sie heißt wirklich Hatschepsut, malt ihr die Augen dunkel und glitzernd, klebt lange falsche Wimpern an, schminkt auf die Stirn ein drittes Auge, ein Comicauge, klebt einen dritten Wimpernkranz dazu, wunderbar. Jetzt heißt es, dazu zu stehen: Man trägt ein Comicauge samt Wimpernkranz auf der Stirn. Danke, Hatschepsut.
Man stellt sich ins Freie hinaus, bekommt eine Zigarette zugesteckt von einem jungen Mann, der sich nicht wundert über das Outfit. Nach längerem Gespräch outet auch er sich als gelernter Konditor. Sind alle Kunst- und Kulturmenschen gelernte Konditoren?
Oben spielen jetzt Kuenta i Tambu. Ziemlich gut. Nachhören auf YouTube bringt nichts, man muss sie live erlebt haben. Saugeil, sagt Gloria. Saugeile Show, sagt Jessica. Danke, Steirischer Herbst, sage ich, und bis zum nächsten Mal.

Dressing up for Steirischer Herbst 9

12. 10. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

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Im Kunsthaus zwischen Hundertschaften von Ausstellungsbesuchern verliert Liberty irgendwann ihre Bekannten, die ihr von der kunstbeflissenen Konditormeisterin erzählt haben und von Ai Wei Wei, dem sie einmal einen persönlichen Brief zukommen haben lassen, der aber darauf nie geantwortet hätte. Vielleicht hat Ai Wei Wei aber doch geantwortet? So ein Brief zwischen China und dem Salzburger Pongau, der kann doch leicht verloren gehen!
Einen Stock tiefer sieht Cynthia sich die Arbeiten zu »body luggage« an. Bleibt lange sitzen vor einer Videoarbeit von Gernot Wieland, in der sich ein paar als Tiere verkleidete Menschen zum Psychiater begeben. Cynthia kann andocken an die Arbeit, Cynthia wird abgeholt von dieser Arbeit, Cynthia kennt das Problem mit dem Tiersein. Dann fällt Cynthia ein, dass sie den Namen des Künstlers kennt, dass er der Gefährte von Carla ist, von der Carla, von der besonderen Carla aus Schweden, die sie vor zwölf Jahren bei einem sogenannten Künstlersymposion kennen gelernt hat. Ach, Carla!
Gloria spaziert weiter durch die Stadt. Griesgasse, Sporgasse, Hauptplatz. Kichererbsensalat beim neuschicken Bäcker dort. Valie Export sitzt im Schanigarten eines Kaffeehauses im Schatten und trägt keine »Aktionshose Genitalpanik«.
Später wird eine Ausstellung eröffnet, in der Gloria wieder eine Pongauerin trifft, die wieder Carla heißt. Sie kennen sich aus der Schulzeit. Carla hat ein Waschbecken aufgebaut, dessen Hahn sich nicht zudrehen lässt. So plätschert das Wasser dahin und macht alle nervös, die gelernt haben, dass der Hahn immer zugedreht werden muss. Fortsetzung folgt.

Dressing up for Steirischer Herbst 8

4. 10. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

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Am Tag nach dem famosen Eröffnungsabend des Steirischen Herbst in der Helmut-List-Halle mit inoffizieller After-Party in der »Postgarage« katerfrühstückt Sharon mit Shannon, Savannah, Gloria, Tess und Liberty im Hotel neben dem Kunsthaus, wo man die gutgekleideten Damen untergebracht hat. Von geschnittener Salami bis zu hausgemachtem Müsli finden die Celebs dort, was das Celeb-Herz begehrt. Ganz ironiefrei: Das ist ein verdammt gutes Frühstück! (Bloß beim sogenannten Lunchpaket für den nächsten Morgen – da haben die Hotelbetreiber den Auftrag nur halbherzig ausgeführt oder ganz herzlos.) Das grüne Herz Österreichs pocht an anderer Stelle an jenem Sonntagmorgen, als Tess den Frühzug nach Stuttgart nehmen muss, um nachmittags beim »Hochstapler-Festival« anzutanzen. Wie sie zu so einer Einladung kommt?!
Samstags scheint die Sonne in Graz wie im südlichsten Sizilien, das Kunsthaus ist gerammelt voll mit Menschen, die sich die Ausstellungen ansehen wollen. Ai Wei Wei ist persönlich vor Ort, und vor dem Kunsthaus wird rege diskutiert, ob er nun Ei Wei Wei ausgesprochen werde oder Äi Wäi Wäi, und ob er nun wirklich da sei, also hier, oder vielmehr nicht. Antwort: Edmund de Waal sei nicht hier, der sei bereits montags in Graz gewesen.
Liberty trinkt einen schicken Drink aus Soda und Minze oder sowas, hört den Grazern beim Grazern zu und denkt an ihren Vater, der nicht mehr in Graz und nicht mehr auf dieser Erde weilt. Und dann trifft sie, ein Zufall, die alten Freunde aus Manhattan, Singapur und Shanghai, nein, aus Goldegg im Pongau, und sie erzählen ihr von einer Zugbekanntschaft, einer Dame, die alles über den Steirischen Herbst wisse, alles, und gelernte Konditormeisterin sei. Ei, jei, jei!
Mit diesen alten Freunden geht Liberty durch die Ausstellung. Sie ertappt sich dabei, eine zart-leidenschaftliche Freundin der Keramikkunst zu sein. Ja, die filigranen Behältnisse von Edmund de Waal, der bereits am Montag in Graz gewesen ist, gefallen ihr und sie denkt daran, dass sie Arbeiten von ihm im Theseus-Tempel in Wien gesehen hat. Und die Eule von Picasso, deren Augen so herausglotzen aus dem Kopf, die ist auch zu sehen und bringt Liberty zum Lachen. Ein Vater mit seinem kleinen Sohn am Arm spaziert vorbei, er deutet auf die Eule und fragt seinen Sohn auf Französisch, wer der Künstler sei, der die Eule gemacht hat. Der kleine französischsprechende Sohn kennt seinen Picasso. Der kennt seinen Picasso, das ist doch klar. Fortsetzung folgt.

Dressing up for Steirischer Herbst 7

26. 9. 2016 // // Kategorie Randnotizen 2016

praeauer7

Eröffnungsabend in der Helmut-List-Halle, Tess, aus Hamburg mondän frühmorgens angereist, trägt ein gefüttertes Seidenblouson von Escada mit schwarz-weiß-goldenem Dalmatiner-Muster und die freudig-nervöse Erwartung der folgenden, unabsehbaren, Ereignisse im Herzen.

»Die Nacht der Maulwürfe« wird gefeiert, zirka sieben Maulwürfe tragen überdimensionale fellig-kunstpelzige Maulwurfkostüme, bauen und zerstören die Elemente der Bühnenkulisse, singen später mit Dorit Chrysler (ja, waren das dieselben Maulwürfe?!), sie: Glanz und Glitter im Gesicht, tanzen bis spät in die Nacht, bis um etwa zwei Uhr morgens ein böser Mensch/Plan/Kollektiv ohne Vorwarnung, ohne Vorwarnung!, die herrliche Party abdreht.
Einfach vorbei. Bleibt bloß der schwache Trost, dass man angeblich aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Was aber hätte man einander erzählt, wäre es weitergegangen? Wäre es nicht legendär geworden, »weißt du, damals, 2016, da hat man noch getanzt beim Steirischen Herbst, bis der Mantel brannte«?! Wie war das in den wilden 80ern? Werner Schwab, der ist doch nicht um zwei Uhr morgens heimgegangen, weil einer die Musik abdreht!

Was außerdem, davor und danach, passiert ist: Cynthia hat ihren alten Kunstgeschichteprofessor wiedergetroffen, er hat noch spät auf der Tanzfläche mit der Deko-Alufolie geshaket. Gloria wiederum hat von einem gutaussehenden höheren Beamten Feuer angeboten bekommen und im Verlauf des Abends die eine oder andere Zigarette von unterschiedlichen Publikumsgästen erschnorrt. Sharon allerdings ist mit Igor und Dominika in den In-Schuppen »Postgarage« gefahren, wo sich Dominika tatsächlich ziemlich nackt ausgezogen hat, um das kleine Dreier-Grüppchen günstig ins Innere der Disco zu bringen. Vermerke: statt dreiundreißig Euro also zwölf insgesamt, übernommen von Igor. Danke, Igor. (Hat sie sich wirklich ausgezogen? Kann das wahr sein? Wurde es dadurch an jenem Abend in der Altstadt von Graz doch noch »legendär«?!)